Die Größe der Bienenbehausung und die Varroa

Thomas Seeley (2015, 2016) und Wolfgang Ritter (2014)
Text: Harald Rausch

Thomas Seeley widmete sich schon am Beginn seiner wissenschaftlichen Tätigkeit der Erforschung wilder Honigbienenvölker. Legendär ist seine veröffentlichte Studie (zusammen mit R. Morse) „The Nest of the Honey Bee“ aus dem Jahre 1976.

Seitdem beobachtet er wildlebende Honigbienen im Arnot Forrest, in der Nähe der Cornell Universität, an der er seit den 80er Jahren arbeitet und seit 2013 eine Professur innehat. Und als in den 90er Jahre die Varroamilbe auch in den USA angekommen war, machte er die Feststellung, dass diese wildlebenden Völker die Varroa auch ohne jegliche Behandlung überlebten. Laut Seeley kam es zu einer starken genetischen Selektion: «Den Bienen, die überlebt haben, geht es gut. Sie werden in ihrem natürlichen Umfeld selber fertig mit den Milben.»1 Neben der natürlichen genetischen Selektion als Anpassung an die Varroa, gibt es laut Seeley weitere wichtige Faktoren, so spielt auch die Größe der Bienenbehausung eine entscheidende Rolle.

Bei der Untersuchung der Nester von wilden Honigbienenvölkern stellte er fest, dass die Hohlräume in den Bäumen, in denen die Bienen wohnten, in der Regel hoch und zylinderförmig waren und er machte die Entdeckung, „dass die meisten, von den von wilden Bienenvölkern bewohnten Hohlräumen, viel kleiner waren als die von Imkern bereitgestellten Bienenstöcke. Im Durchschnitt hatten die Nisthöhlen nur einen Durchmesser von 20 cm und eine Höhe von 150 cm; ihr Volumen betrug also nur etwa 45 Liter.“2

In einem Experiment baute er drei würfelförmige Nistkästen auf. Einer hatte das typische Volumen von 40 Litern, während das Volumen der beiden anderen mit 10 und 100 Litern an den beiden Enden des Spektrums für Nisthöhlen lagen. Bei der Verteilung der von den Schwärmen besetzten Nistkästen zeigte sich eindeutig, „dass die Bienen Hohlräume von weniger als 10 oder mehr als 100 Litern meiden; am liebsten ist ihnen ein Volumen von 40 Litern“.3

Seine aktuellste Forschungsarbeit datiert aus dem Jahr 2016 (zusammen mit J. Loftus, M. Smith): „How Honey Bee Colonies Survive in the Wild: Testing the Importance of Small Nests and Frequent Swarming“. Darin stellten sie die Hypothese auf, dass das Fortbestehen wilder Völker zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass diese in kleinen Nisthöhlen brüten und häufig schwärmen. Sie hatten dafür zwei Gruppen von Völkern gebildet, die entweder in kleinen Bienenstöcken (42 l) ohne Schwarmkontrolle oder in großen Bienenstöcken (bis zu 168 l) mit Schwarmkontrolle hausten.

Sie verfolgten diese Völker zwei Jahre lang und verglichen sie hinsichtlich Schwarmhäufigkeit, Varroa-Befall, Krankheitshäufigkeit und Fortbestand der Völker und kamen zum folgenden Ergebnis:

„Die Völker in den kleinen Bienenstöcken schwärmten häufiger, hatten eine geringere Varroa-Befallsrate, hatten weniger Krankheiten und im Vergleich zu den Völkern in den großen Bienenstöcken eine höhere Überlebensdauer. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass kleinere Nesthöhlen und häufigeres Schwärmen von wilden Völkern, zu ihrer Lebensdauer ohne Milbenbehandlung beitragen“.4

Auch Dr. Wolfgang Ritter lehrte, u.a. an der Universität Kassel ökologische Landwirtschaft und Bienenhaltung und ist Autor mehrerer Bücher zu den Themen ökologische Bienenhaltung und Bienengesundheit. Er nimmt in seinem Buch „Bienen naturgemäß halten“ Bezug auf die Untersuchungen von Martin Lindauer und Thomas Seeley: „Bleibt die wohl spannendste Frage nach der von den Bienen bevorzugten Größe der Nisthöhle. Martin Lindauer konnte in seinen Untersuchungen zeigen, dass normal starke Schwärme Nisthöhlen mit einem Volumen von 30 Litern bevorzugten. Stehen in der freien Natur unterschiedlich große Hohlräume in Bäumen zur Verfügung, so liegen die Volumen der meisten von Bienen bewohnten Höhlen zwischen 30 bis 60 Litern. In Versuchen von Seeley wurden Volumen von 40 Litern gegenüber 10 und 100 Litern bevorzugt.“5

Und die Begründung für diese Wahl liefert Ritter gleich mit: „Die Frage nach dem Hintergrund dieser Entscheidung ist relativ einfach zu beantworten: Kleine Höhlen können einfacher kontrolliert und sauber gehalten werden. Zudem zwingen sie das Volk, sich eher im Schwarm zu vermehren und damit insgesamt zu verjüngen.“5 und „Doch nicht nur für das Schwärmen, sondern auch für die Hygiene ist das Volumen des Nests entscheidend. Für die Bienen ist es schwieriger, in einem großem Nest alles möglichst sauber und ein bestimmtes Kleinklima aufrecht zu halten. Dies gelingt nur, wenn das Verhältnis von Bienen und Raum stimmt. Deshalb ist es in einer naturgemäßen Imkerei wichtig, das Beutenvolumen so gut wie möglich an die Volkstärke anzupassen.“5

1Tierwelt 7, 12.02.2015
2Thomas Seeley, Bienendemokratie, Frankurt am Main 2015, Seite 60
3Thomas Seeley, Bienendemokratie, Frankurt am Main 2015, Seite 67
4Carter Loftus, Michael L. Smith, Thomas D. Seeley, How Honey Bee Colonies Survive in the Wild: Testing the Importance of Small Nests and Frequent Swarming. PLOS/ONE, Published: March 11, 2016
5Wolfgang Ritter, Bienen naturgemäß halten, Stuttgart 2014, Seite 17 ff.

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