Varroa-resistente und gesunde Honigbienen – Die Wahlzucht von Guido Sklenar – Von der „intensiven“ Honigbienenzucht zur artgerechten „Wahlzucht“

Teil 5

Varroa-resistente und gesunde Honigbienen – Teil 5

Die Wahlzucht von Guido Sklenar

Von der „intensiven“ Honigbienenzucht zur artgerechten „Wahlzucht“

Sigrun Mittl, Diplom-Biologin, www.bienen-dialoge.de, Februar 2017

Bei dem folgenden Artikel handelt es sich um eine Zusammenfassung des überaus informativen und aufschlussreichen Beitrages von Sigrun Mittl (Diplom-Biologin), den sie auf der Website www.bienen-dialoge.de veröffentlicht hat.

„Was verstehe ich unter einer „intensiven“ Honigbienenzucht? Eine Zucht von Königinnen in Pflegevölkern, gewonnen aus 1-3 Tage alten Arbeiterinnenlarven, Bildung von Ablegern aus starken Völkern, instrumentelle Besamung von Königinnen usw, und dies unabhängig davon, ob man Hobby-Imkerei oder eine Erwerbsimkerei betreibt. Die Zuchtziele sind vorrangig Honigertrag und Sanftmut.

Kann es indes eine artgerechte Bienenzucht geben? Die Begriffe passen augenscheinlich nicht zusammen. Aus diesem Grund möchte ich eher den Begriff „Wahlzucht“ von Guido Sklenar einführen, der die Auslese von Völkern mit erwünschten Eigenschaften meint. So macht es wenig Sinn, von Völkern nachzuziehen, die eine hohe Varroabelastung, und/oder auffallende Symptome von Flügeldeformationsvirus, Nosema, etc. zeigen. Artgerechte Wahlzucht muss meiner Meinung nach in erster Linie 2 Zuchtziele haben:

a) Winterfutterselbstversorgung
b) Krankheitsresistenz gegen Varroa und andere Erreger

Und bedenken wir, dass Völker umso gesünder sind, je artgerechter und stressfreier sie „bewirtschaftet“ werden.

Die Wahlzucht von Guido Sklenar – ein Baustein für eine artgerechte Resistenzzucht

Sklenar nennt seine Zucht „Wahlzucht“ und schreibt: „Wir folgen hier nur dem Abbild der Natur, denn diese gewährt nur solchen Völkern das Lebensrecht, die einen reichen Honigschatz haben, sich selbst winterversorgen. Ohne diese Eigenschaft gingen sie in der freien Natur erbarmungslos zugrunde. Wenn die Anderen, mit gegenteiligen Eigenschaften behafteten Völker, heute noch am Leben sind, so danken sie dies nur der rettenden Hand des Imkers, der mit dem Zuckersack fleißig hinten ihnen steht.“

Sklenar führt weiter aus: „Nur ein einziges Jahr sollten mal alle Imker die Natur Wahlzucht treiben lassen, da würden wir wohl ein eigenes Bild sehen. Drei Viertel unserer Völker wären verschwunden …“. Und weiter: „Gewiß handelt kein Imker klug, der solche Völker, die im Herbst blitzblank ohne Tropfen Honig dastehen, mit aller Mühe und Sorgfalt, großen geldlichen Mitteln wieder aufpäppelt, um sie durch den Winter zu bringen, auf dass sie im kommenden Jahre wieder seine Sorgenkinder sind. Viel wirtschaftlicher arbeitet er, wenn er solch Volk an andere Völker aufteilt, seine minderwertige Mutter aber tötet“[1]

Neben der Auswahl der richtigen Königin und der richtigen Drohnen muss der Züchter nach Sklenar auf die richtigen Arbeiterinnen achten. Sie  füttern immerhin die Königin und tragen dazu bei, dass das Volk im Winter überlebt und Krankheiten abwehrt.

Im Folgenden listet Sklenar wichtige Eigenschaften eines Volkes mit seiner Königin auf, die er in seinem berühmten Stamm „47“ bzw. „Sklenar-Biene“ vorgefunden und weiter verfeinert hat:

  • Sanftmut
  • Rascher Ab- und Anflug der Sammelbienen, kein Rasten und Verweilen am Flugbrett
  • Vornehme Ruhe, nicht aus der Fassung zu bringen
  • Besorgt sich sein Winterfutter selbst, der Imker braucht nicht einfüttern. Ihm sind sogenannte „Hünglervölker“ für die Zucht lieber, die den Brutraum im Herbst schön mit Honig gefüllt haben, auch wenn sie bei der Ernte nicht Spitzenplätze belegen
  • Wetterfestigkeit: flog früh schon, wenn andere noch ruhten, flog abends noch, wenn andere schon ruhten
  • Totenfall über den Winter stets gering
  • Brutnest immer ideal schön angelegt, breite Honigkränze mit Pollengürteln, darunter geschlossene Brut
  • Gesund, während andere am Stand krank sind
  • Frühbrütend, um Obsttracht gut ausnützen zu können
  • Kein „Fleischvolk“ (viel Brut, wenig Honig), sondern im Herbst und Frühjahr kaum mittelstark, dann aber mächtig vorwärtsstrebend, die anderen überholend Sklenar weist aber auch darauf hin, dass Eigenschaften wie starke Propolisierung, Stechlust und Schwarmfreude nur aus Sicht des Menschen „schlecht“ seien, aus Sicht der Natur seien sie oft absolut notwendig für das Überleben der Völker.

Er beschreibt auch die Eigenschaften eines Hünglervolkes, das ein ausgesprochen geordnetes Brutnest mit breiten Honig- und Pollengürteln und geschlossener Brut zeigt: „Es wird Hüngler genannt, weil es mit seinen Vorräten hauszuhalten versteht, seine Brutkreise rechtzeitig einschränkt, nie seinen Bruthunger stillt, um gegen schwere Zeiten stets gerüstet zu sein. Der Hüngler hat aber noch eine Eigenschaft, die ihn dem Imker wertvoll macht. Es ist dies die Langlebigkeit der Mutter. Sie kann unbeschadet 3, ja 4 Jahre im Volke bleiben, weil sie in der Bruterzeugung Maß hält, sich dadurch nicht frühzeitig verbraucht, während die Mutter eines reinen Fleischvolkes in 2 Jahren erschöpft, ausgepumpt ist.“

Aber „eine Eigentümlichkeit vieler Hünglervölker könnte dem Jungimker die Freude an diesen nehmen. Sie verbauen die Waben gegenseitig und verkitten und verschmieren alles mit Propolis. Dadurch kann es vorkommen, dass man mit einem Griff mitunter 3 bis 4 Waben herausbekommt, weil diese zusammengebaut sind; weiter kann es vorkommen, dass manches Rähmchen beim Herausnehmen zerbricht, weil es allzu fest angekittet war. Weg mit solchen Völkern, könnte nun jemand sagen, die erschweren einen wirtschaftlichen Betrieb. (…).“ Das wäre sehr kurzsichtig, meint Sklenar. „…weil er mit dem Ausmerzen solcher Völker die besten vom Stande verlieren würde.

Diese Wabenpatzer und Propolisschmierer haben durch diese Eigenschaften noch etwas aus ihrem Urzustande erhalten. Deshalb dürfen wir diese Eigenschaften auch nicht verdammen, sie sind die wenigen äußeren Merkmale eines Volkes, in dem Rasse steckt, sie sind ein kostbares Erbe, denn neben diesen Eigenschaften werden sicher noch andere wertvolle in den Erbanlagen solcher Völker schlummern, die durch eine zufällige Aufspaltung geweckt werden können“.

Als ich diese Worte zum ersten Mal las, war ich doch sehr verwundert. Diese Zuchtziele hat heutzutage selten jemand im Blick. Sklenar weiß um die Vorteile der natürlichen Selektion und setzt diese gezielt mit ein.“

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